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Bombenalarm und zwei kalte Bier

Es ist soweit. Ein Freund hat uns zum Frankfurter Flughafen gefahren, das große Abenteuer Weltreise kann beginnen. Ein Jahr lang haben mein Freund Carsten und ich auf diese Reise hingespart und allen möglichen Kleinkram wie Visa organisiert, Routen ent- und verworfen. Schlussendlich haben wir uns auf Indien als Startland geeinigt, auf den Rest haben wir uns mehr oder weniger immer kurzfristig verständigt. Wir wollten die vor uns liegende Freiheit nicht mit zu vielen Plänen einengen.

Wir also am Airport beim Einchecken. Unser Flug mit der "Air India" soll in rund zwei Stunden starten. Da erzählt uns die freundliche Stewardess, der Start würde sich aufgrund technischer Schwierigkeiten um mehrere Stunden verzögern. Carsten, bis dato mit reichlich Flugangst versehen, und mir reicht das nicht. Wir setzen nach und die Stewardess kapituliert. "Es gab eine Bombenwarnung. Das Flugzeug muss erst noch durchsucht werden, dann erst noch nach Amsterdam, Passagiere zuladen und zurück nach Frankfurt. " Zack, das saß. Was tun? Umbuchen und damit den Reiseantritt verzögern??? Wir entscheiden uns dagegen. Schließlich gibt es ja noch den "Testflug" Frankfurt-Amsterdam-Frankfurt. Sollte die Bombe nicht gefunden worden sein, explodiert sie wohl hoffentlich auf dieser Strecke. Die Niederländer mögen uns diesen Gedanken verzeihen, hoffe ich.

Unserem Seelenfrieden nicht förderlich war dann auch die vertrauliche Info eines BGS-Beamten, dass pro Monat mehrere Bomben gefunden würden. Auch wenn bisher alle entschärft wurden, ist dies ja keine Garantie für die Zukunft und damit für unseren Flug. Die Stimmung ist gedämpft. Niedergekämpft werden müssen Zweifel und Ängste. Ist unser Traum "Weltreise" tatsächlich dieses Risiko wert? Tief im Inneren ist die Antwort klar.

Mit rund elf Stunden Verzögerung geht's dann endlich ab in die Lüfte. Und natürlich verpassen wir dadurch unseren Anschlussflug von Neu Delhi nach Madras/Ost-Indien. Anders als diesen Fällen normal üblich erhalten wir auf dem Delhi-Airport von niemandem eine Auskunft, was nun passieren soll. Wir also auf der Suche nach dem Büro der "Indian Airlines", was sich als der erste Dschungeltrip erweisen wird. Keine Ausschilderung und niemand weiß offenbar genau, wo sich das Büro befindet. Freundlich wie Asiaten sind, geben sie das natürlich nicht zu und verweisen einen stattdessen einmal hier und einmal dort hin. Doch wir haben Glück: nach einer ausgiebigen "Besichtigung" des Airports ist das Büro gefunden - versteckt an einem Fleck, wo wir die Besenkammer vermutet hätten.

Einmal an der Reihe erhalten wir unsere erste Lektion in die Tiefen der indischen Mentalität. Frühestens in acht Tagen sei wieder ein Platz frei nach Madras, so die Auskunft. Und selbst das sei nicht sicher, wir seien dann lediglich auf einem Warteplatz, der Erfolg versprechen könnte. Außer natürlich, wir seien bereit, die 1. Klasse zu buchen (eine Taktik, die uns noch öfter begegnen sollte in Indien). Sind wir nicht!! Schließlich wollen wir über ein Jahr reisen, low-budget-traveln ist angesagt und wir wollen nicht schon hier den Etat überreißen. Wir erklären uns stattdessen mit dem späten Flug einverstanden, fordern aber freie Übernachtung und Verpflegung. Und schon ist Bewegung in der Geschichte: es seien doch Plätze frei in drei Tagen, so die neue Aussicht. Nach kurzer Beratung erhöhen wir den Druck: wir zücken unsere Presseausweise und siehe da: wie durch ein Wunder gibt es noch zwei freie Plätze in der in fünf Stunden startenden Maschine.

Völlig übermüdet und hungrig - das Essen auf dem Flug Delhi-Madras war mit Glassplittern durchsetzt und daher komplett zurück gewandert - sind wir am Ziel unserer 1. Etappe. Wir sind inzwischen 36 Stunden auf den Beinen, verschwitzt und ziemlich abgenervt und kommen so ins "Broadlands", für das wir von Delhi aus ein Zimmer reserviert haben. Im Empfang sitzt ein älterer Inder, der uns mit einem breiten Lächeln begrüßt. "Ihr seht aus, als hättet ihr ein kühles Bier nötig", so seine ersten Worte nach der Begrüßungsformel. Alles Negative fällt wie ein Stein von uns ab. Diese Worte und dieses Lächeln haben sich bis heute tief in unser Gedächtnis eingegraben. Dieser Inder hatte uns den Glauben wieder gegeben, dass unsere Reise unter einem guten Stern steht und wir bereit sind, "die Welt zu erobern".

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